"Die menschliche Komponente kann man nicht ersetzen"

Ein Gespräch mit RA Dr. Bernd Berberich über Künstliche Intelligenz, Reisen und Strategien gegen Prüfungsstress

 

In etwa zwei Drittel der Deutschen nutzen Künstliche Intelligenz. Weltweit sind es sogar knapp 800 Millionen Menschen, die wöchentlich auf den Rat von ChatGPT vertrauen.

Ob im privaten oder beruflichen Kontext – die KI hat Einzug gehalten in den Recherchealltag.

Doch was bedeutet das für uns als Gesellschaft? Was für die Rechtswissenschaft? Und wie kann es gelingen, angesichts immer vielfältigerer Reize in den Sozialen Medien einen Ausgleich zu schaffen?

Diese und viele weitere Fragen durfte ich dem Juristen Dr. Bernd Berberich im Rahmen eines äußerst angenehmen Gespräches stellen.

Viel Spaß beim Lesen!

 

 

Es ist Freitag, der 10.10.2025, als ich mich mit Bernd Berberich (51) im Würzburger Café Mozart zum Gespräch treffe. Wir kennen uns vom juristischen Repetitorium Hemmer, wo Bernd (Das Duzen ist im Rahmen des Repetitoriums üblich) neben seiner Tätigkeit als Autor für juristische Produkte auch Strafrechtskurse hält.

Wir sitzen uns bei schwarzem Kaffee und Limonade gegenüber.

Die Künstliche Intelligenz, die inzwischen auch im beruflichen Alltag vielerorts Anwendung erfährt, macht Bernd keine Angst. Auch als Gefahr für die juristische Tätigkeit will er sie nicht verstanden wissen.

„Im Gegenteil, ich freue mich darauf, sie ist ein tolles Tool, das immer hilfreicher werden wird“, so Bernd.  Insbesondere die Rechtswissenschaft könne eine wichtige Stütze für eine künftig immer digitaler werdende Gesellschaft sein.

„Ich glaube, das Jurastudium ist eine fantastische Vorbereitung für eine Welt mit Künstlicher Intelligenz. Es wird so sein, dass sich die juristischen Jobs verändern und klassische Recherchearbeiten wegfallen. Es gibt aber viele andere Bereiche, in die man sich als Jurist schnell einarbeiten kann. Denn man lernt spätestens bei der Vorbereitung auf die Examina, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen.“

Diese Fähigkeit sei gerade in einer Welt mit immer größeren Daten – und Informationsmengen weiterhin gefragt.

Eines ist für Bernd dabei klar: „Die menschliche Komponente kann man nicht ersetzen. Deswegen müssen wir uns gerade auf diese konzentrieren. Die neuen Freiräume, welche uns der Einsatz von KI schaffen wird, sollten wir für kreative Arbeit, ein freudvolles Zusammenleben und für einen respektvollen Umgang mit der Natur nutzen. Idealerweise entsteht eine Haltung, bei der jeder seine Fähigkeiten zur Geltung bringen will.“

 

„Ich kann den Studierenden nur sagen: Fangt so früh wie möglich an, ganzheitlich zu denken“

 

Sein eigenes Jurastudium in Freiburg begreift Bernd, der verheiratet sowie zweifacher Vater ist, rückblickend als sehr gewinnbringend.

„Ich habe gelernt, hart zu arbeiten. Ich habe zeitgleich aber auch gelernt, mit mir umzugehen. Ich kann den Studierenden nur sagen: Fangt so früh wie möglich an, ganzheitlich zu denken. Damit meine ich, genau und ehrlich darauf zu schauen, was wichtig ist. Wer nicht freudvoll in den Tag starten kann, muss genau hieran arbeiten. Denn am Ende ist das Berufsleben dazu da, unser Leben sinnvoll und freudvoll in der Gemeinschaft gestalten zu können.“

Bereits in Stresssituationen zu Studienzeiten, insbesondere während der Vorbereitung auf das erste juristische Staatsexamen, könne dies trainiert werden, wie Bernd zu bedenken gibt.

Gerade das Thema Druckresistenz spielt für Bernd in diesem Zusammenhang eine große Rolle, zumal in einer Zeit, in der durch Soziale Medien ein fortwährender Vergleich mit den Mitmenschen nicht mehr die Ausnahme, sondern oftmals die Regel geworden ist. Stress und der soziale Vergleich seien aber nicht selten selbst erzeugt und nicht naturgegeben. Genau an dieser Stelle müsse man deshalb ansetzen und lernen, sich selbst zu managen, körperlich wie mental.

„Man sollte Werkzeuge finden, damit man sich selbst regulieren kann. Das kann Meditation sein, Kunst oder Sport. Das können auch Spaziergänge im Wald sein. In der Natur wird sehr schnell klar, wie klein wir eigentlich sind. Man muss nur genau hinschauen, um viele kleine und große Wunder zu entdecken.“

Sich nur an Ergebnissen zu orientieren, hält Bernd dagegen für problematisch.

„Es geht darum, sein Bestes zu geben, mit Freude und vollem Einsatz. Das Ergebnis ist dann das Bestmögliche. Erst durch den sozialen Vergleich, der aber nie den Gegebenheiten voll gerecht werden kann, entsteht häufig Leid, vermeidbares Leid, wer darüber nachdenkt.“

 

„Das Reisen ist eine fantastische Schule, weil es die Augen öffnet“

 

Auch das Reisen könne in der heutigen Zeit einen guten Ausgleich bieten. In den wöchentlichen Kurseinheiten ließ uns Bernd jenseits der Behandlung strafrechtlicher Themenfelder auch immer wieder an seinen unternommenen Tapetenwechseln teilhaben. In den Zwischenpausen erzählte er von Abenteuern in Brasilien, berichtete von Eindrücken aus Indien. Gerade erst ist Bernd von einem mehrwöchigen Asien-Aufenthalt zurückgekehrt.

Reisen, das wird schnell deutlich, ist für ihn mehr als einfach nur Urlaub zu machen. Es sind die Lust am Tapetenwechsel, die Freude am Fremden, die Neugierde, die sich Bahn brechen.

„Beim Reisen kannst du erleben, dass die Lebenswirklichkeit, die man sonst als selbstverständlich erachtet und nicht hinterfragt, überhaupt nicht selbstverständlich ist“, berichtet Bernd. „Das Reisen ist eine fantastische Schule, weil es die Augen öffnet.“

„Dadurch, dass man aus seinem normalen Kontext gerissen wird, kann man Einiges auch wieder realistischer betrachten. Wir brauchen das, denn Leben heißt Veränderung!“

Für Bernd ist das Reisen zum Teil seiner Lebensmaxime geworden.

„Wir wollen doch als Menschen am Ende alle etwas Neues entdecken. Nutzt die Gelegenheit! Am Ende geht es einfach darum, Ja zu sagen zum Leben.“

Bernd Berberich, das wurde mir nicht erst bei dem heutigen Gespräch im Café Mozart klar, hat Ja zum Leben gesagt.

Eindeutig und freudvoll.

 

Würzburg, im Oktober 2025

 

 

Dir, lieber Bernd, möchte ich von Herzen für ein sehr kurzweiliges Gespräch danken, das mich zum Nachdenken angeregt und mir darüber hinaus außergewöhnlich viel Freude bereitet hat!